Begegnung mit Auschwitz – Die Erinnerung an das Grauen wach halten
Auschwitz ist ein verunsichernder Ort. Er führt uns – wie kein anderer Ort – die extremsten menschlichen Verhaltensweisen vor Augen und hinterfragt somit auch unser heutiges konkretes Handeln.
Von diesem Ort machten sich 25 Schülerinnen und Schüler der EF und drei Lehrkräfte unserer Schule vom 07. bis 12. Juni 2019 ein Bild und machten sich auf den Weg Richtung Oświęcim (Auschwitz). Begleitet wurden wir zudem von zwei Honorarkräften der STÄTTE DER BEGEGNUNG e.V., Farnaz Shahrokhi und Jonathan Utsch, die diese Fahrt organisiert und zusammen mit der Bürgerstiftung Versmold finanziell gefördert hat.
Auschwitz war das größte nationalsozialistische Konzentrations- und Vernichtungslager und steht weltweit als Symbol für Holocaust, Völkermord und Nazi-Terror. Nach der Besetzung vieler europäischer Länder durch die Nazis und während des Zweiten Weltkrieges wurden viele Juden, Polen, Sinti und Roma, sowjetische und polnische Kriegsgefangene nach Auschwitz deportiert und dort zu Zwangsarbeit oder zum Tod in der Gaskammer selektiert. Neben dem sogenannten Stammlager (Auschwitz I) wurde ab 1941 in 3km Entfernung mit dem Bau des Lagers Birkenau (Auschwitz II) begonnen – das größte Vernichtungslager mit Gaskammern und Krematorien, um Millionen von Menschen mit technischer Perfektion zu vernichten. Auschwitz ist folglich der größte Friedhof der Geschichte.
Die Gedenkstättenfahrt, die auch in diesem Jahr auf Initiative der beiden Lehrkräfte Alana Medina und Moritz Flagmeier in Zusammenarbeit mit der STÄTTE DER BEGEGNUNG zum zweiten Mal am CJD-Gymnasium stattfand, hat das Ziel, auf und in dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte zurück zu blicken und die Erinnerung an das Grauen wach zu halten.
Nach 12-stündiger Busfahrt erreichten wir am Samstagvormittag die IJBS (Internationale Jugendbegegnungsstätte) in Oświęcim, unsere erste Unterkunft in unmittelbarer Nähe zur Gedenkstätte Auschwitz. Nach einer kurzen Einführung zur Entstehung und Entwicklung des KZ Auschwitz-Birkenau bekamen wir eine vierstündige Führung durch das Stammlager (Auschwitz I). Die hier ausgestellten persönlichen Gegenstände und Habseligkeiten unzähliger unschuldiger Menschen, die hohen Wachzäune und nicht zuletzt das mit dem zynischen Spruch Arbeit mach frei versehende Eingangstor ließen uns verstummen und nachdenklich werden.
Am Sonntag bekamen wir eine Führung durch das ehemalige Vernichtungslager Birkenau (Auschwitz II), welche emotional eine Herausforderung war. Im anschließenden Auswertungsgespräch wurde alles Gesehene, Gehörte und Erlebte in Kleingruppen aufgearbeitet und besprochen. Nachmittags schauten wir uns zunächst eine Videodokumentation über das sogenannte Sonderkommando an, bevor die Schülerinnen und Schüler Zeit bekamen, sich in Kleingruppen einem selbstgewählten Thema zu widmen und dieses zu vertiefen.
Am Montag beschäftigten wir uns zunächst mit dem Thema Kunst im KZ. Hierzu gab es zwei unterschiedliche Ausstellungen, die die Schülerinnen und Schüler besuchen konnten. Anschließend bekamen wir eine Führung durch die Stadt Oświęcim mit anschließendem Besuch des jüdischen Museums und der dazugehörigen Synagoge. Am Nachmittag verließen wir Oświęcim und machten uns auf den Weg Richtung Krakau.
Am Dienstagvormittag hatten wir das große Privileg, eine Zeitzeugin zu treffen und ihrer unglaublichen Geschichte „Überleben in Auschwitz“ zu lauschen. Frau Lidia Maksymowicz war gerade einmal drei Jahre alt, als sie gemeinsam mit ihrer Familie aus Weißrussland nach Auschwitz deportiert wurde. Die alte, aber immer noch sehr empathische Frau teilte ihre sehr bewegende Geschichte mit uns. Sie überlebte die Schikane der SS Offiziere, die Schläge der Aufseherinnen ihrer Baracke und auch die Experimente des Arztes Dr. Mengele aufgrund vieler glücklicher Umstände und ihrer inneren Stärke, von der wir uns an diesem Tag überzeugen konnten. Dieses besondere Erlebnis werden wir wohl so schnell nicht vergessen, genauso wie ihre Worte, dass jede und jeder Einzelne von uns die Verantwortung trage, entschieden gegen Intoleranz und Gleichgültigkeit vorzugehen, damit sich der Holocaust nicht wiederhole. Mittags bekamen wir eine Führung durch das ehemalige Jüdische Viertel Krakaus Kazimierz, bevor es abends zu einer Führung im Historischen Museum in der ehemaligen Schindler Fabrik ging.
Auschwitz ist und bleibt eine emotionale und geistige Schwerstarbeit für unser Vorstellungsvermögen. „Auschwitz kann weder erklärt werden noch kann man es sich vorstellen.“ (Elie Wiesel) Es bleibt zu hoffen, dass diese Fahrt die Schülerinnen und Schüler zum Nachdenken angeregt hat und sie zum Einsatz für freiheitliche und demokratische Werte, aber vor allem für den Einsatz für Menschlichkeit bewegt, damit sich dieses Kapitel deutscher Geschichte nicht wiederholt.
Alana Medina